Die Geschichte

Schützenhaus,Ravensburg 1465
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Kurzer historischer Blick auf die Geschichte der Schützengilde

Die wendungsreiche Geschichte unserer Gilde begann im Jahr 1465, also 27 Jahre vor der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus. Wegen der unsicheren Zeiten, bedingt durch Überfälle auf Städte, wurdenim 15. Jahrhundert besonders viele Schützengilden gegründet, so auch in Potsdam. Das ist verständlich, bestand „Potstamp“, so eine alte Schreibweise für Potsdam im 15. Jahrhundert,  nur aus 4 Straßen, der späteren Burg-, Graben-, Kirch- und Yorkstraße mit kaum 50 Häusern. Die Städte wollten sich selbst verteidigen, da sie nicht immer mit der Hilfe ihrer Landesfürsten rechnen konnten.
Die Verteidigung oblag ausschließlich den Bürgern.

In der Urkunde über die Stiftung des Altars Sanctae crucis in der Pfarrkirche Potsdam jetzt Nikolaikirche, am St. Antoniustag des Jahres 1465 wurde die Gründung der Schützengilde durch den Magistrat der Stadt Potsdam erstmals erwähnt.
Zu dieser Zeit war Friedrich II. auch der „Eiserne“ genannt, der 2. Hohenzollern-Herrscher auf dem Kurfürstenthron in Brandenburg und der Gilde wohl zugetan, was Geschenke bezeugten.

Eine weitere Erwähnung ist im Potsdamer Stadtbuch von 1518 – 1536 zu finden. Dort geht es um eine Anzahl Harnische für die Gilde. Ihr oblag die Bewachung der Stadt, der Tore und Brücken. Der Ort Treuenbrietzen stellte z.B. 60 Mann, Beelitz 25 und Potsdam 12 Mann. Das erlaubt, auf Bedeutung und Einwohnerzahl der jeweiligen Stadt zu schließen.

1536 wurde Potsdam durch einen Brand völlig zerstört.

Insgesamt gibt es von 1465 – 1622 nur spärliche Nachrichten über die Gilde.

Die Bunzlauer Stadtchronik berichtet 1618 von Potsdamer Schützen.
Durch den 30-jährigen Krieg sind nach Hungersnot, Pest und Drangsale von Freund und Feind von ehemals 158 Bürgerhäusern 61 Häuser wüst und verödet. 25 Bürger standen in Lohn und Brot, 43 hatten eine unge-
wisse Zukunft und 33 Bürger waren vollständig verarmt.
Bei dieser Verarmung konnte die Schützengilde nicht länger fortbestehen. Damit verschwand der letzte Rest der mittelalterlichen Wehr der Städte.
Zitat: „So dauerte es eine sehr lange Zeit, dass die Bürger im Spiel mit den Waffen wieder Kurzweil und Zerstreuung suchten und fanden.“

Mit dem Großen Kurfürsten hörte auch der Dienst der Bürger für die Verteidigung ihrer Städte auf, da unter ihm stehende Heere gebildet wurden.

Bis 1722 konnten die vormalige Größe und der Wohlstand der Stadt nicht wieder erreicht werden. Auf „untertäniges“ Bitten der Bürgerschaft gestattete der erste preußische König Friedrich I. im Jahr 1703 die Errichtung einer Schützengilde und ließ den Bau eines Schießplatzes vor der Langen Brücke anweisen.

Dieser lag auf dem heutigen Leipziger Dreieck. Die Gilde ließ nun aus eigenen Mitteln ein zweistöckiges hölzernes Schießhaus errichten. Dazu erhielt sie jedoch vom König freies Bauholz und eine Prämie. Da das Schützenhaus außerhalb der Stadt lag und für Reisende, sowie Fuhrleute die dort Halt machten eingerichtet war, erhielt es den Namen „Schützenkrug“. Geschossen wurde aus der 2. Etage über den Saarmunder Weg, was das Überqueren des Weges an Schießtagen zu einem gefahrvollen Unternehmen machte.

Aus heutiger Sicht wurde also von der Wiese, zwischen der Straße Brauhausberg und Leipziger Straße über die Heinrich-Mann-Allee geschossen.

Am 24.6.1703 gab es nach 81 Jahren Pause „im Namen Gottes“ ein erstes Königschießen.

König Friedrich I. bewilligte 30 Taler für den besten Schuss. Erster König wurde Herr Martinius Plümecke, königlicher Kornschreiber und Gerichts-Aktuar.

17.05.1707 erhielt die Gilde per königlichem Dekret 30 Thaler zum Scheibenschießen.
1711 wurde die Gilde durch Friedrich Wilhelm I. (Soldatenkönig) wieder aufgehoben. Er hatte Angst dass die Bürger durch ihre Schießübungen ihre Geschäfte vernachlässigen.

Unter Friedrich II. „ Der Große“ drängten die Bürger wieder zur Reaktivierung der Gilde.

1741 übernahmen die Bürger wieder die Wachen in der Stadt nachdem am 18.12.1740 die gesamte Garnison nach Schlesien marschiert war.
(1. Schlesischer Krieg)

1742 setzte der König die Gilde wieder ein und bestätigte die Privilegien von 1704 gegenüber der Schützengilde.
Am 30.01.1743 nahm die Gilde ihre erste Hypothek auf und verpfändete nicht nur das Grundstück, sondern auch alle silbernen und goldenen Schützenschilder für 150 Thaler zu 5% an Martin Gudschmidt.

Am 26.08.1748 war die Gilde inzwischen so vermögend, dass sie an die Witwe von Martin Gudschmidt alles vollständig zurückzahlen konnte.

Am 28.07.1745 ließ der König aus Freude über den königlichen Schuss der Gilde per Kabinettsorder 39 Thaler sowie aus eigener Tasche als Geschenk 100 Thaler zukommen.

Am 11.07.1749 wird mit königlicher Resolution festgelegt, dass das Königsschießen immer am nächsten Dienstag nach dem Johannistag (24. Juni) gefeiert werden soll.

1750 zählte die Gilde 111 Mitglieder.

Zwischen 1804 – 1817 gab es zwischen Gilde, Forstamt und Magistrat immer wieder Querelen um das Grundstück, betreffs der ehemaligen Schenkung und Grundbucheintragungen.

Nach Schießunfällen in den Jahren 1803 und 1823 wurde das Gelände umzäunt.

1829-1833 entstand ein neues Schützenhaus, gebaut für 21.831 Taler.

Seit 1834 gehörte auch das Vogelkönigsschießen zum Programm.

In den Revolutionsunruhen von 1848 erlitten 4 Mitglieder Verwundungen.

1871 während der Siegesfeierlichkeiten nach dem Deutsch-Französischen Krieg weilte Kaiser Wilhelm I., der Großvater des letzten Kaisers, mit allen hohen Offizieren in der Gilde.

Während des 1. Weltkrieges gab es keine Gildenveranstaltungen, aber das Königsschießen wurde fortgeführt. Während des gesamten Bestehens der Gilde herrschte das Haus Hohenzollern ununterbrochen bis zur Abdankung Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1918.

Während der Inflation verarmten viele Mitglieder vollständig, die Veranstaltungen kamen fast zum Erliegen.

Am 12.5.1924 gründete man den Jungschützenklub für die Schützensöhne und richtete einen 50m KK-Schießstand ein.

Im Jahr 1928 erfolgte die Grundsteinlegung für das neue Schützenhaus, die „Ravensburg“, das am 6.7.1930 eingeweiht wurde.

Seit der Errichtung der „Ravensburg“ hatte die Gilde große finanzielle Schwierigkeiten. Das führte schließlich dazu, dass der gesamte Schützen-Komplex am 15. Mai 1937 zur Zwangsversteigerung steht.

Nach dem Beginn des II. Weltkrieges im Jahr 1939 wurde am 28. September 1941 das nachweislich letzte Königsschießen durchgeführt. Ab dem Jahr 1944 verlieren sich Hinweise auf Aktivitäten und die Gilde.

Am 27.2.1990 fanden sich 18 Gleichgesinnte zusammen, um einen Schießsport-Verein zu gründen. Dieser erste Versuch in der „Wendezeit“ blieb erfolglos.

Am 27.10. 1990 war dann der eigentliche Start unserer Schützengilde.

In den geschäftsführenden Vorstand wurden Horst Sadowski als Vorsitzender, Gerhard Rohrer als Stellvertreter und Ralf-Michael Fischer als Schatzmeister gewählt.
Der Name des Vereins „Schützengilde Ravensburg 1465 Potsdam e.V.“ spiegelt einerseits den Neubeginn, aber auch die Weiterführung der langen historischen Tradition der ehemaligen Potsdamer Schützengilde wieder.

Am 4.3.1991 erfolgte die Eintragung unter der laufenden Nummer 14 ins Vereinsregister der Stadt Potsdam.

Die freundschaftliche Kontaktaufnahme zur Schützenbruderschaft St. Sebastianus 1473 aus der Potsdamer Partnerstadt Bonn mündete in einen Patenschafts-Vertrag, der 1991 im Gobelinsaal des Bonner Rathauses unterzeichnet wurde. Vom 31.8. bis 1.9.1991 weilten die Bonner Schützen erstmals zu einem Schützenfest in unserer Gilde. Daran knüpften abwechselnde Treffen an Rhein und Havel.

Am 26.10.1991 führten wir nach 50-jähriger Pause unser erstes Königsschießen durch. Erster König nach der Neugründung wurde Peter Hoefs. Seitdem wird das Königsschießen, neben vielen anderen schießsport-
lichen Wettkämpfen, 1 x jährlich durchgeführt.

Im Januar 1993 folgte eine Abordnung unserer Gilde der Einladung der Bonner Schützenbruderschaft St. Sebastianus 1473 zu ihrem 520. Stiftungsfest.

1993 feierte die Stadt Potsdam ihr 1000-jähriges Jubiläum. In diesem Rahmen war der 13. Juni ein ganz besonderer Tag für unsere Schützengilde. Vormittags nahmen die Schützen an einem Gottesdienst in der Nikolaikirche, dem Nachfolgebau der Stiftungskirche der Schützengilde, teil. Am Nachmittag erfolgte im Magistrat der Stadt die feierliche Weihe unserer Vereinsfahne durch den stellv. Oberbürgermeister Herrn Motzkus.

In diesem Jahr fanden auch die ersten Vereinsmeisterschaften statt, die in den Folgejahren kontinuierlich fortgeführt wurden.

Im August 1994 wurde Gerhard Rohrer zum neuen Vorsitzenden gewählt, Klaus-Dieter Scholz als Stellvertreter und Ralf-Michael Fischer als Schatzmeister.

1995 wurde die Umbauung des Schützenhauses vollendet und das erste einer Reihe von Westernfesten mit Vorderlader-, Revolver- und Bogenschießen, Messer- & Tomahawk-Werfen und weiteren Angeboten gestartet. Danach etablierte sich eine kleine Schar an Schützen, die nebenbei am Bogenschießen gefallen fanden.

Am 11.10.1997 führte die Schützengilde ihr erstes Vogel-Königsschießen durch, das auch zu einer bis heute beliebten jährlichen Tradition werden sollte.

Im Jahr 2000 wurde das 10-jährige bzw. 535-jährige Jubiläum in festlichem Rahmen mit den Schützen Gästen aus Bonn gefeiert. Es gab ein Freundschaftsschießen und einen Ball im Restaurant Katharinenholz.

Ab 2001 trugen die Bogenschützen jährlich abwechselnd mit den Bogenschützen aus Bergholz-Rehbrücke ein Bogen-Jagd-Turnier aus. Dazu kamen Gäste aus ganz Brandenburg und Berlin. Geschossen wurde auf 3D Tiere in unterschiedlichen Entfernungen.

Anlässlich des 18. Königsschießens am 20.9.2008 wurde Lothar Schöpp mit seiner dritten Königswürde der 1. Schützen-Kaiser der Gilde.

Am 29.5.2010 führte die Gilde zum 20-jährigen Jubiläum u.a. ein Jubiläumsschießen der Könige durch, an dem die bis dahin gekürten Könige teilnahmen.
Im Rahmen des 20. Königsschießens am 1.10.2010 wurde Gerhard Rohrer 2. Schützen-Kaiser.
In diesem Jahr führten die Bogenschützen ihr erstes von später insgesamt 4 Bogen-Königsschießen durch.
Im Dezember 2010 fand das Jubiläumsturnier der Bogenschützen mit über 50 Teilnehmern bei uns statt.

Am 19.11.2011 zum 15. Vogel-Königsschießen wurde Gerhard Rohrer 1. Vogel-Schützen-Kaiser.
Als dritter und vorerst letzter Schützen-Kaiser folgte am 6.10.2012 Bernd-Dieter Bartsch.

Am 16.3.2013 übergab Gerhard Rohrer nach 19 Jahren den Vorsitz der Schützengilde an seinen Stellvertreter Roland Röstel und wurde von der Mitgliederversammlung zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Vorläufig letzter Höhepunkt war die Feierlichkeit zum 25. Jubiläum nach Neugründung am 12.9.2015 mit Gästen befreundeter Gilden. Das war dementsprechend das 550. Jahr nach der historischen Gründung 1465.
In diesem Jahr wurde Roland Röstel am 14.11.2015 der 2. Vogel-Schützen-Kaiser.

Als bester Schütze aller Vereinsmeisterschaftswettkämpfe errang Oberschützenmeister Klaus-Dieter Scholz im Jahr 2015 den 19. Vereinsmeistertitel bei 23 durchgeführten Wettkämpfen. Eine Serie für die Ewigkeit?

Mit dem Ende des Jahres 2015 schließt diese Chronik.

© Gerhard Rohrer 2016

Qellen: Geschichte der Potsdamer Schützengilde von H. Th. Wagener & G. Leske 1926, Gildennachrichten